SOUL DOCTOR

Nun ist es endlich soweit, das zweite Album von SOUL DOCTOR steht in den Plattenläden. Ich war ja doch schon sehr gespannt auf dieses neue Album, denn das Debut hat mich ja schlichtweg vom Hocker gerissen. Um es vorweg zu nehmen, auch ´Systems Go Wild´ ist ein wahrer Leckerbissen geworden, obwohl die Songs wesentlich differenzierter ausgefallen sind. Man hat die Sache regelrecht auf den Punkt gebracht.

Wollen wir doch mal sehen, was Tommy Heart, Sänger von SOUL DOCTOR von meiner Meinung hält.

– Das finde ich genauso. Wir haben uns zwar bei der ersten Scheibe Mühe gegeben und wirklich alles gegeben, aber auf ´Systems Go Wild´ sind wir noch einen Schritt näher an dem, was wir uns so vorgestellt haben.

Ihr habt euch dieses Mal auch mit einem Keyboarder verstärkt.

– Richtig, obwohl er nach der ersten Platte auch schon mit von der Partie war. Er hat sich auch in der ganzen Zeit immer mehr in die Band involviert und mal sehen, vielleicht wird er ein richtiges Bandmitglied werden.

Sein Können stellt er außer Frage am stärksten beim akustischen Song ´Waitin´ unter Beweis. Dies ist ein Song, der regelrecht unter die Haut geht. Zudem wurden auch die Gitarren wesentlich effektvoller eingesetzt. Als Beispiel sollte man den Song ´Wrong Or Right´ ansprechen, der mit einem furiosen Slide-Guitarsolo gespickt wurde.

– Die ganzen Veränderungen kamen mit Sicherheit dadurch zustande, dass wir erst einmal zusammenfinden mussten als Band. Durch die vielen Liveauftritte kamen wir ein großes Stück weiter und ich meine, das hört man auch auf dem neuen Album. Wir sind ein wesentliches Stück zueinander gerückt und haben uns in der letzten Zeit sehr gut kennen gelernt. Jeder von der Band hat auch in der vergangenen Zeit Schritte in die richtige Richtung gemacht. Jeder für sich hat seine eigenen Erfahrungen gesammelt und das macht nun auch SOUL DOCTOR aus. Rockmusik muss man einfach live präsentieren können und dieses ganze haben wir nun gelernt. Dadurch, dass wir eine Menge an Konzerten nach dem Release des Debuts gespielt haben, kamen wir auch kompositorisch auf völlig neue Ideen. Für mich persönlich liegt der Unterschied zwischen der Ersten und der Zweiten Scheibe darin, dass wir einfach zusammengerückt sind.

So wie das Album klingt, kommen SOUL DOCTOR auch live rüber und das ist ein wesentlicher Punkt, den eine gute Band ausmacht. Das konnten sie ja nun schon vor der Veröffentlichung bei einigen Konzerten als Support von DIO unter Beweis stellen.

– Das wirklich ein fantastisches Erlebnis, denn sowohl Ronnie James Dio, der ein perfekter Gentleman ist, als auch die Crew, die uns respektvoll behandelt hat, ließ uns das Schlechte, was wir damals als Support von KINGDOM COME erlebt haben, vollkommen vergessen. Das Schlechte werden wir hoffentlich nie wieder erleben. Richtige Stars haben es einfach nicht nötig einer Vorband keinen Soundcheck oder ähnliches zu geben. Schon nach dem zweiten Konzert hat er mich in seine Umkleidekabine geholt und wir haben uns sehr angeregt unterhalten. Er ist eben ein richtiger Profi, der ein gutes Herz hat. Für uns persönlich war die Tour damals mit KINGDOM COME eine große Probe, ob SOUL DOCTOR wirklich eine Band ist, die zusammenhält. Nach allen Steinen, die man uns bei dieser Tour in den Weg gelegt hat, haben wir als Band total gut funktioniert und im Endeffekt sind wir dadurch auch noch näher zusammengerückt. Weil dieser Zusammenhalt bei FAIR WARNING nicht mehr vorhanden war, bin ich auch damals ausgestiegen. Das ist mir persönlich sehr wichtig.

Mit ´Somebody´ ist ja auch ein Song auf dem Album vertreten, der stilistisch nicht so ganz auf der Schiene von SOUL DOCTOR liegt.

– Das haben wir auf dem Debut mit ´Doesn´t Feel Like Love´ ja auch schon mit Souleinflüssen probiert. Ich finde ´Somebody´ hat ein wenig von LED ZEPPELIN und AEROSMITH. Da wir immer mehr Songs schreiben, als wie auf eine CD passen, haben wir uns zusammen dafür entschieden, dass dieser Song mit auf das Album muss. Wichtig war uns, dass man uns auch von einer anderen Seite sieht.

Das zeigt ja auch die Vielseitigkeit aus, die bei SOUL DOCTOR vorhanden ist.

– Das auf jeden Fall, denn ein gutes Beispiel dafür ist ja auch das akustische Lied ´Waitin´. Dieser Song zeigt wunderbar, dass wir gut mit der Akustikgtarre, Streichern, Keyboard und dem Cello umgehen können. Hinzu kommt noch, dass wir einfach das machen wollen, wozu wir Lust haben. Ich bin mir sicher, wenn man das Ganze mit Gefühl und ehrlich macht, bekommen die Fans dies auch mit und respektieren dies auch.

Die Erfahrungen, welche ihr bis jetzt einfahren konntet, waren doch, bis auf KINGDOM COME mehr als gut gewesen. Ich habe ja selber erleben können, als ihr den Support für AXEL RUDI PELL gemacht habt, dass die Fans wirklich überwältigt waren von eurem Auftritt.

– Die Leute spüren auch, ob man es wirklich ernst und ehrlich meint und deswegen sind wir bis heute auf eine hohe Akzeptanz gestoßen. Unsere Musik ist ja auch nicht für die Charts ausgelegt. Hardrock oder Metal ist irgendwie eine Sache der Einstellung. Ich habe mit dreizehn angefangen solche Musik zu hören und es ist eine Art von Einstellung und ich kann auch heute gar nicht mehr sagen, ob ich glücklich darüber war, dass AC/DC oder KISS so erfolgreich wurden. Dann ist man nämlich auf einem solchen Weg, wo man einfach nur kommerziell wird. Dies haben KISS mit ihrem Song ´I Was Made For Lovin You´ ja eindeutig bewiesen. Ich persönlich halte davon nicht allzu viel. Die Leute merken sofort, wenn wir ein Stück wie ´Somebody´ spielen, dass dies ein Song von uns ist und dass wir voll dahinter stehen.

Obwohl ich es aber doch begrüßen würde, wenn ab und zu einer solcher Songs im Radio gespielt würden.

– Das würde ich auch begrüßen, denn im Grunde ist Musik zum verbreiten da. Das war aber in den 70iger und 80iger Jahren auch nicht so einfach. Ich kann mich erinnern, dass es damals glaube ich nur eine Sendung im Radio gab, wo Metal gespielt wurde. Aber dann kam eine Zeit, wo BON JOVI und EUROPE Hit auf Hit geschrieben hat und dann hieß es, alles was lange Haare hat ist Heavy Metal oder Hardrock. Diese Zeit möchte ich nicht wieder haben. Ich kann mich ganz genau daran erinnern, dass ich Leute auf der Strasse getroffen habe, die behaupteten, sie hören Hardrock und Metal und kamen dann mit Scheiben an von NELSON UN WARRANT. Hardrock und Metal ist für mich eine Einstellung und hat nichts mit Fashion und Mode zu tun.  Ich sehe viele Leute, die vor zehn Jahren noch Heavy Metal gehört haben und lange Haare hatten, die hören jetzt Techno. Sie konzentrieren sich immer auf das, was angesagt ist, nur um dabei zu sein. Das war für mich als Hardrockfan immer schon tabu. Ich habe meine Sache gesucht und gefunden und habe sie immer supportet. Ich finde es nur schade, dass diese Art von Musik so kommerzialisiert wurde. Das hatte zur Folge, dass hochtalentierte Bands wie YNT, die wirklich tolle Songs geschrieben haben. hatten nie eine Chance, obwohl si auch den Erfolg verdient hätten

Das ist in der heutigen Zeit so, dass nur einige Bands gefördert werden und die anderen auf der Strecke bleiben.

– Es ist auch heute so, dass in den meisten Fällen nicht die Musik zählt, sondern das Aussehen. Diese Tatsache ist sehr schade.

Man sollte den Rock´n Roll auch in gewisser Weise auch ein wenig leben.

– Richtig, dies muss jetzt nicht mit Drogen und Exzessen gemacht werden, aber in den meisten Fällen liegt denjenigen das im Blut. Das kann am Umfeld oder sonstigem liegen. Bei mir war es so, dass ich aus einem Berliner Beton-Ghetto kam und aus diesem Umfeld herauswollte. Die Leute haben auf uns mit den Fingern gezeigt, weil wir aus sozialschwachen Familien kamen. Man ist mit Banden groß geworden und eines Tages habe ich mir gesagt, ich muss da raus und es muss etwas anderes geben, damit ich die Leute auf mich aufmerksam machen konnte. So kam ich zur Musik.

Für viele Menschen ist die Musik auch wie eine Therapie.

– Das auf jeden Fall. Für mich war das damals so und ist es heute immer noch. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn ich mich nicht für die Musik entschieden hätte. Ich hätte auch nie gedacht, dass Musik eine solche Power hat. Sie bringt Menschen zusammen oder löst Probleme und das alles ohne Gewalt.

Bist du denn heute mit den Songs von SOUL DOCTOR mehr zufrieden als zu FAIR WARNING Zeiten?

– Auf jeden Fall, denn ich kann viel mehr über meine eigenen Gefühle sprechen. Dies war bei FAIR WARNING nicht so gewesen, denn es war mehr eine Schauspielerei, die aber trotz allem Spass gemacht hat. Ich musste damals mehr improvisieren und das haben vor allem die japanischen Fans sehr stark mitbekommen. Das japanische Publikum ist ja dafür bekannt, dass sie einem auch zuhören. Dies ist in Amerika nicht der Fall, denn sie schreien nur rum und achten gar nicht mehr auf die Musik. Dies ist mir auch in Europa aufgefallen, denn dort sind mir eine Menge Leute aufgefallen, die betrunken herumgelaufen sind und von den Bands überhaupt nichts mitbekommen haben. Das ist schon in Ordnung, aber die japanischen Zuschauer schließen sogar die Augen und kennen die Songs auswendig. Somit können sie auch nach ihrem stressigen Arbeitstag ihren Gefühlen freien Lauf lassen.

So sollte es doch sein, dass man bei einem Konzert die Sorgen und Probleme des Alltags einmal für zwei oder drei Stunden beiseiteschiebt.

– Das ist auch das Wichtigste an einem Rockkonzert. Ich möchte nicht berieselt, sondern entführt werden.

Wann entführt ihr uns denn demnächst wieder bei einem Konzert?

– Es sieht im Moment so aus, dass wir nach der Tour mit DIO einige Bands ins Auge gefasst haben. Es soll ja nun auch aufwärts gehen. Es sind ja in der nächsten Zeit einige größere Bands auf Tour und wir checken nun ab, wo noch etwas zu machen ist. Konkretes steht bis jetzt noch nicht fest, aber wir arbeiten daran, dass wir so schnell wie möglich wieder live vertreten sind.

Das hoffe ich doch wohl stark, denn diese Live-Power sollte man sich nicht entgehen lassen. In diesem Sinne Lang lebe der Rock´n Roll und lang lebe SOUL DOCTOR!

Story: Gisela