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DESTRUCTION

Interview mit Schmier von Destruction vor dem Christmas Metal Meeting in Bad Arolsen am 18.12.2009

Schmier, wenn ich jetzt richtig informiert bin, seid ihr 1982 gestartet?
– 1983 haben wir angefangen. 1984 kam die erste Scheibe.
Jetzt nach den ganzen Jahren, abgesehen von kleineren Unterbrechungen wart ihr ja immer aktiv, was ist für dich das Wichtigste oder Auffallendste was sich von 1983 bis heute im Thrash Metal-Bereich geändert hat?
– Da muss ich schwer überlegen. Die Leute denken immer früher war alles glorreich und toll, was totaler Quatsch ist. Früher war`s teilweise viel schlimmer und viel schwieriger als heute. Die ersten Jahre waren die Hölle, weil uns alle belächelt und ausgelacht haben, weil`s keine Möglichkeit gab zu spielen. Wir haben halt alles durchgemacht, haben alles erlebt. Die ganzen Trends. Kommen und Gehen, weißt Du. Thrash Metal war mal ganz groß, mal ganz unten. In der Beziehung ist es jetzt eigentlich ganz gut. Es ist so ein Mittelding aus dem wie es früher war und es gibt wieder viel Nachwuchs, was mich schon ein bisschen an den Anfang erinnert, wo die ganzen jungen Kids Thrash Metal gehört haben. Die Szene ist halt mittlerweile weltweit etabliert. Also eigentlich ist jetzt alles besser als früher. Die ersten Jahre waren für uns sehr schwierig. Was natürlich für uns geil war, war mit unseren großen Helden zu touren, das war eine tolle Zeit. Mit Slayer, mit Motörhead haben wir oft getourt damals, das fand ich sensationell. Aber ich will jetzt nicht sagen, dass früher alles glorreich war und heutzutage ist alles scheiße. Heute haben wir die ganzen Festivals, wo wir spielen können. Wir haben früher keine großen Festivals gehabt, außer Monsters of Rock und da durfte keine Thrash-Band spielen. Da haben AC/DC und Iron Maiden gespielt und vielleicht noch`n paar Ami-Bands. Also, es hat sich jetzt nicht so viel zum Negativen verändert, eher ist alles größer geworden. Die Szene ist gewachsen, es gibt viel mehr Stilrichtungen und viel mehr Metalfans als früher.
Das wäre jetzt auch meine nächste Frage gewesen, was die Fans angeht. Da ich selber damit groß geworden bin, hat sich für mich jetzt gar nicht so viel geändert. Oder siehst Du irgendwelche gravierenden Unterschiede zu früher?
– Ich finde auch da hat sich nicht viel geändert. Klar, letztendlich erwarten die Leute, dass auch in der Beziehung früher alles so wahnsinnig toll war, was natürlich nicht der Fall ist. Die Szene hat sich mehr etabliert über die Jahre, das ist eigentlich das Geile daran. Natürlich gibt`s heute immer noch Hickhack, aber das war früher auch so. Der böse Thrasher und der scheiß Poser, ha, ha, ha! Heutzutage sind die Fans auch zwischendurch mal am Streiten, welche die bessere Musikrichtung ist. Aber letztendlich ist alles Metal und man sollte das Ganze nicht zu eng sehen. Ich glaube da ist heutzutage die Toleranz ein bisschen größer geworden, da verschiedene Packages auch gut funktionieren. Wir touren gerade mit Arch Enemy und das passt sehr gut zusammen finde ich. Da ist noch `ne Black Metal-Band dabei und eine richtige US-Powermetal Band, das wird von den Fans gut angenommen. Das hätte es wahrscheinlich so früher nicht gegeben. Ich denke die Toleranz gegenüber anderen Musikrichtungen ist schon ein bisschen größer geworden. Wobei das Wort Toleranz für den Metaller eigentlich nicht so groß geschrieben wird, wie man es schreiben sollte, ha, ha, ha.
Ein großes Metal-Magazin hat im Sommer die 25 wichtigsten Thrash Metal- Alben auserkoren. Ihr seid mit „Infernal Overkill“ dabei. Aus deiner Sicht die richtige Platte aus eurer History oder hättest du eine andere ausgewählt?
– Ich denk mal das ist immer eine Ansichtssache, also für viele Leute war „Release From Agony“ auch `ne wichtige Scheibe. Da haben wir angefangen den technischen Thrash zu machen der später auch den Death Metal beeinflusst hat. Wenn du jetzt Deicide, Morbid Angel und solche Bands fragst, dann sagen die alle Release From Agony und nicht Infernal Overkill. Aber ich denke Infernal Overkill war `ne wichtige Scheibe, weil damals gerade der Thrash-Boom losgetreten wurde und weil Destruction zu dem Zeitpunkt als „Infernal Overkill“ rauskam, richtig durchgestartet sind. Wir haben die Slayer-Tour gemacht, danach sind wir mit Motörhead getourt, da ist schon sehr viel passiert. Es war halt auch echt was Neues zu dem Zeitpunkt. Ich denke schon, dass es seine Berechtigung hat. Ich kann mir die Platte auch noch anhören heutzutage und ich finde eigentlich immer noch, dass sie, den Umständen entsprechend, ganz gut klingt. Natürlich geht musikalisch heute einiges besser, aber das war schon eine wichtige Scheibe für uns.
Welche Band hat dich denn jetzt persönlich am meisten beeinflusst und ist quasi Schuld daran, dass du ein Instrument in die Hand genommen hast?
– Also Motörhead ist schon…(zeigt auf meinen Arm), das hätte ich mir auch tätowieren lassen, ha, ha, ha. Also Motörhead waren schon wichtig. Aber auch die extremen Sachen damals, die noch keiner gekannt hat. Die ersten Sachen von Raven, Jaguar, Anvil und eben Motörhead dann. Die ganzen Punkrock-Sachen der 80er waren wichtig für uns, GBH, The Exploited, der ganze Kram. Natürlich die ersten Accept-Scheiben. Eigentlich der ganze NWOBHM, auch der Underground davon, eben Angelwitch und so ein Zeug. Die waren wichtig. Von Iron Maiden und Priest waren wir große Fans, aber der Einfluss in der Musik ist dann eher Punkrock meets Jaguar, oder so. Jaguar waren damals sehr wichtig, die haben `ne schnelle Platte gemacht, die einfach ein bisschen anders war als der Rest und das war auch so die Richtung die wir machen wollten.

Du meinst „Power Games“?
– Ja! „Power Games“ war wirklich `ne richtig wichtige Scheibe für uns. Aber dann kam die zweite Scheibe und die war total scheiße und sehr enttäuschend. Aber ich denke diese Mischung aus Punkrock, Motörhead und den ersten NWOBHM-Scheiben, das war so unsere Richtung. Und dann kamen natürlich irgendwann Metallica und haben genau das gemacht, was wir auch machen wollten, nur viel besser, ha, ha, ha.
Verbindet euch mit irgendeiner anderen Band eine ganz besondere Beziehung? Mit der ihr über die Jahre vielleicht besonders viel Kontakt hattet?
– Da gibt`s einige Bands mit denen man gut befreundet ist. Die Szene hat sich früher ja so ein bisschen, ich sag mal, „um den Thron gestritten“. Heutzutage ist alles ein wenig relaxter geworden, man ist erwachsener und sieht alles nicht mehr so eng. Ich habe wirklich zu vielen Bands eine sehr gute Beziehung, auch aus dem Thrash Metal-Bereich. Exodus, Testament, Kreator, Sodom, Death Angel, Sepultura, eigentlich zu sehr vielen. Mit vielen haben wir uns halt angefreundet, zum Beispiel mit Mille von Kreator rede ich öfter und tausche mich mit ihm regelmäßig aus über neueste Projekte und alles was halt so los ist. Man gibt sich mal Tipps und schaut was der andere so macht. Man ist schon in Kontakt und ich freue mich immer wenn andere Bands vorbeikommen. Wir sind ja auch mit anderen Bands befreundet, die auf Konzerten mal vorbeischauen, muss ja nicht nur aus dem Thrash-Bereich sein. Also man hat sich schon über die Jahre und auf vielen Festivals mit einigen Bands angefreundet.
Die berühmte „einsame Insel“ frage: Wenn du eine einzige Thrash Metal-Scheibe mitnehmen dürftest, welche wäre das?
– „Kill èm all“, ganz klar! Das ist so der Anfang für mich. Das waren wichtige Zeiten und tolle Erinnerungen. Da gehen viele Bilder im Kopf an, wenn die Scheibe läuft. Wie gesagt, rein emotional  „Kill èm all“, weil`s die erste war. Die erste Exciter kam so ungefähr zeitgleich, aber Metallica waren dann doch wichtiger und besser. Da haben viele Sachen eine wichtige Rolle gespielt. Als die Scheibe rauskam ist bei Destruction viel passiert. Tolle Erinnerungen irgendwie. Ohne mit der Wimper zu zucken als Thrash Metal-Scheibe „Kill èm all“, als Heavy Metal-Scheibe wahrscheinlich „Unleashed in the East“ von Judas Priest.
Im Januar kommt eure neue DVD „The History of Annihilation“ raus. Was können wir erwarten?
– Das Ganze ist aufgeteilt in zwei Teile. Das eine ist der Liveteil, „Savage Symphony“, das ist die Wacken-Show mit den ganzen alten Mitgliedern, mit der vollen Show, mit Mad Butcher, nackter Haut und viel Feuer. Alles was man für `ne Metal-Show braucht. Der zweite Teil ist der History-Teil, der auch sehr ausführlich geworden ist. Eben die „History of Annihilation“. Da geht`s dann sehr tief in die Anfänge und in die ganzen Streitjahre, in die ganzen diskutierten Jahre und ich denke da ist sehr viel Interessantes dabei. Auch sehr viele lustige Fotos und Einlagen, die uns in den frühen Jahren zeigen. Das ist sehr lustig und ich habe mich köstlich amüsiert dabei, auch über einige Aussagen die von meinen Ex-Mitmusikern kamen. Ich habe mich da sehr amüsiert, weil ich vieles selbst nicht wusste. Ich denke das ist eine super-interessante Zeitdokumentation, von der Machart auch sehr professionell und sehr kurzweilig. Auch wenn du nicht unbedingt Destruction-Fan bist, ist das vielleicht eine gute Anleitung, wie man Sachen nicht macht, wie man sich am besten über Wasser hält, oder wie man sich am besten nicht verhält, um nicht auseinander zu fallen. Wir haben damals einen Haufen Fehler gemacht, auch weil wir sehr jung waren. Das kommt da alles zur Sprache, ist also ganz interessant, denke ich. Das wird schon ein schönes Paket. Auch das Booklet ist fett, zwölf Seiten, mit einem Haufen Fotos und allerlei Schnickschnack drin. Und insgesamt eine Spielzeit von über drei Stunden. Wir haben versucht so viel wie möglich auf die DVD draufzupacken.
Wenn ihr euch noch für den Auftritt heute Abend etwas wünschen dürftet, was wäre das?
. Kein Schnee mehr, dass noch ein paar Leute kommen, ha, ha, ha.
Und in Bezug auf die nächsten Jahre? Also ich nehme doch an, die 30 macht ihr noch voll?
– Das ist eigentlich mindestens vorgesehen. Das einzige was dich stoppen kann, ist wenn man krank wird oder die Leute uns nicht mehr hören wollen. Und da hoffen wir mal, dass beides nicht eintrifft. Metal gehört zu unserem Leben, da ist es nicht so, dass man jetzt sagt: „Ab morgen will ich in Rente gehen.“ Das ist einfach eine Lebenseinstellung. Und solange uns die Leute sehen wollen, werden wir auch weitermachen, ganz klar!
Ein perfektes Schlusswort! Vielen Dank für das Gespräch!
Story: Leif Lohne

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