News Ticker

GOTTHARD

Es herrschte eine große Spannung auf das neue GOTTHARD-Album. Wie die meisten wissen, zieht die Band schon seit 10 Jahren ihr Ding kontinuierlich durch. Mit ´Homerun´ ist ihnen wieder ein kleines Meisterwerk gelungen, welches sich stark von den anderen Veröffentlichungen abhebt. Dass sie sich weiterentwickelt haben, wurde auf ihrem letzten Album ´Open´ mehr als deutlich dokumentiert. Leider wurde dies nicht von allen älteren GOTTHARD-Fans so gesehen, denn diese hätten gerne den alten Sound, der ersten drei Scheiben, gehört. Wie dem auch sei, das ist eben künstlerische Freiheit und eine Weiterentwicklung macht ja auch nicht bei uns persönlich halt. Vor ihrem Konzert in der Oberhausener Turbinenhalle, versuchte ich zusammen mit Bassist Marc Lynn das Phänomen GOTTHARD ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

 

Das Cover, das mit einem Boomerang versehen wurde, heißt schlicht ´Homerun´. Der Begriff ist den meisten ja aus dem Baseball bekannt. Hat dieser Titel eine spezielle Bedeutung für euch?

– Der Titel ist ein bisschen philosophisch gemeint. Es besteht ein großer Zusammenhang zwischen Cover, den ersten Songs und alles was so in den letzten 10 Jahren passiert ist. Wir haben ja so ziemlich überall unsere letzten Platten aufgenommen. Bei diesem Album stand der Entschluss fest, einen Homerun zu machen und es bei uns zu Hause in der Schweiz aufzunehmen. Dadurch stand der Titel ´Homerun´ natürlich schon fest. Unseren Homerun kann man auch anders erklären, wir schreiben Songs, nehmen sie auf, promoten sie und gehen letztendlich auf Tour. Danach stehen wir wieder, mit einem Punkt oder besser gesagt mit einem Album mehr am Ausgangspunkt. Uns stellte sich dann die Frage, wie wir das Cover mit dem Boomerang mit der ganzen Materie verbinden konnten. Wir wählten denn dieses Intro, welches auf die Aboriginis zurückzuführen ist. Ein Boomerang kommt auch immer wieder zurück. Somit konnten wir den Homerun mit dem Boomerang verbinden.

Ihr habt ja sehr viele Kritiker mit der letzten Veröffentlichung ´Open´ geweckt. Wie seid ihr mit dieser Kritik umgegangen?

– Das war uns ziemlich egal, denn das Publikum hat uns mit mehr Konzertbesuchern gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die meiste Kritik bekommen wir von den eingefleischten 80iger Jahre Metallern. Diese haben sich keinen Millimeter weiterentwickelt. Sie versuchen es erst gar nicht, ein wenig ´Open´ zu sein. Sie kennen nur das ganz harte und dann gibt es nichts mehr. Bon Jovi ist zu soft und das Andere ist ihnen zu hart. Wir wussten genau, dass wir Fans verlieren konnten, aber wir haben, was am Anfang nicht sicher war, neue Fans dazu gewonnen.

Ihr habt also die Scheuklappenfans verloren, aber die offeneren dafür dazu gewonnen. Es war also eine Neuschaffung der Fanbase.

– Genau, aber die Scheuklappendenker und Lederjacken kommen immer noch und die, die nicht mehr kommen wurden ausgetauscht durch ein paar Sekretärinnen. Wir haben es also so vermischt, wie es z.B. bei den ´Monsters Of Rock´ früher war. Den Anstieg merkt man auf dieser Platte ganz deutlich. Das bezieht sich auf die Plattenverkäufe ebenso wie auf die  Konzertbesucher. Wir absolvieren eine Megatour, wobei wir etwas größere Hallen ausgewählt haben und es klappt optimal. Im Schnitt besuchen 1600 Leute die Konzerte. Es sind keine Clubs mehr, aber die Hallen sind größer geworden. Wir könnten schon in den großen Hallen spielen, aber dann würde die Tour kürzer werden und das Spielerische würde darunter leiden. Das wird erst interessant, wenn wir mehrere Länder bereisen würden. Wir nutzen diese Gelegenheit nun aus, um einfach mehr zu spielen. In der Schweiz laufen die Konzerte nun in großen Hallen die zwischen 4000 und 9000 Besucher fassen. Wenn man da nicht spielerisch auf der Höhe ist und man eine gute Show abliefert, läuft nichts. Deswegen brauchen wir eine Anzahl an Konzerte, um das überhaupt zu gewährleisten.

Der erste Song ´Everything Can Change´ spielt der auch ein wenig auf eure musikalische Änderung an?

– Nein, der Song wurde von Mandy, Steve und Chris nur geschrieben, um einen guten Opener zu haben. Er klingt einfach nach GOTTHARD. Es war nicht wegen dem Wechsel, weil nämlich ein wirklicher Hardrockfan, der versucht unsere Geschichte und die Alben Revue passieren zu lassen, sofort merken wird, was als Nächstes kommt. Wir haben es geschafft, die etwas popigeren Leute mit in die härtere Ecke hinein zu ziehen und das auf einem diplomatischen Weg.

´Homerun´ ist ja auch wesentlich rockiger ausgefallen als euer letztes Album ´Open´.

– Genau und das kannst du nur bei diesen Leuten machen, indem die Qualität der Songs stimmt. Das war uns auch sehr wichtig, dass die Songs mehr als gut sind.

Die Songs besitzen wirklich alle Seele Das merkt man vor allem beim Song ´Reason To Live´, bei dem der komplette Song durch Steves Stimme getragen wird.

– Das Tolle daran ist ja auch, dass Steve bei diesem Song etwas Neues probiert hat. Ich war bei den Recordings nicht dabei, aber als ich abends ins Studio kam und den Songs gehört habe, war ich so fasziniert und musste Steve sofort Komplimente geben für diese tollen Aufnahmen. Wir haben auch versucht, die in den letzten Jahren verlorenen gegangenen mystischen Dinge wieder neu zu entdecken.

War denn jetzt das Songwriting für das neue Album spontaner gewesen?

– Dadurch, dass wir das Album alleine aufgenommen haben, stand uns natürlich alle Zeit der Welt zur Verfügung. Wir hatten drei Songs vorbereitet und während der Aufnahmen wurden weitere Songs geschrieben. Da wir dieses Mal kein Studio fest gebucht hatten, weil wir es in unserem Studio aufgenommen haben, gab es keinen Zeitdruck für uns. Wenn man ins Studio geht steht schon fest, wenn ein Album herauskommt. Es ist aber ein langer Weg, denn  die Recordings stehen an, dann muss das Material abgemischt werden, anschließend gemastert und das Cover erstellt werden. Wir hatten für die Recordings fast 7 Monate Zeit gehabt.

Die Songs haben alle, wie schon erwähnt, die Seele von guten Songs zum Inhalt. Kam dies auch durch diese Ruhe zustande oder ist es darauf zurückzuführen, das ihr mehr Zeit hattet, die Songs gegebenenfalls noch einmal zu überarbeiten?

– Das schon eher, denn wenn uns irgendetwas nicht gefiel, hatten wir die Möglichkeit etwas Neues zu probieren. Ich denke, dass die Seele schon von Anfang an in den Songs gewesen ist. Wir waren auch bei den neuen Songs freier als bei ´Open´. Dadurch, dass Leo das Producing und ich das Editing und Programming übernommen haben, fühlte sich jeder in der Band verantwortlich für das Album. Hinzu kam dann noch, dass wir einige Nachmittage frei hatten um einfach was auszuprobieren. Das war sehr interessant für uns.

Mit Songs wie ´Hush´, ´Mighty Quinn´, ´Come Together´oder ´Take It Easy´, auf dem jetzigen Album, habt ihr immer hochkarätige Cover ausgewählt, die in einer einzigartigen Art von euch vorgetragen wurden. Bei eurem ´Open´-Album habt ihr den Song ´Blackberry Rain´ gewählt, der für mich fast der beste Coversong ist, den ihr jemals gemacht habt.

– Ich persönlich finde diesen Song, obwohl die anderen es nicht so sehen, nicht so optimal für die Band. Es ist nicht der typische Coversong, denn er beinhaltet sehr viele Akkord-Wechsel. Wir haben in der Vergangenheit immer einfache Cover genommen, die nicht so viele Chor-Changes hatte. Aber schlecht ist er nicht geworden, nur eben etwas schwieriger. Unser jetziges Cover ist geschrieben von Andy Taylor (Duran Duran), der nur als Single veröffentlicht wurde. Deswegen kennen ihn die meisten auch nicht.

Ich finde es persönlich sehr gut, wenn man sich auch an andere Songs aus anderen Genres traut.

– Wir wollen ja auch die Musik für uns selber entdecken und wir leben nach der Devise ´Stillstand heißt Rückschritt´. Klar kommen viele Leute zu uns und fragen, wann wir denn endlich wieder einmal härter spielen. Vorgestern ist mir etwas Lustiges passiert. Da kam jemand zu mir und fragte, wann wir denn endlich wieder hart spielen würden. Gleichzeitig kam aber jemand, der meinte, dass unsere Akustik-Einlage so geil wäre. Das sind eben diese getrennten Meinungen. Wir haben dieses Mal ein Live-Programm, wo alles drin vorkommt. Im Grunde steht doch jeder Rockfan auch auf die langsamen Stücke, denn er ist der Erste, der ein ruhiges Stück in bestimmten Situationen einschiebt und die Akustik-Fans sind berührt, wenn es mal richtig zur Sache geht. Die meisten Leute wissen nämlich gar nicht wie es ist.

Vielleicht weil sie Berührungsängste haben?

– Genau, denn sie haben es vielleicht noch nie probiert, aber wenn sie es denn versucht haben, gefällt es ihnen so gut, dass sie immer wieder kommen.

Trotz allem muss eine Hardrockband gut Balladen schreiben können, was auf GOTTHARD in jedem Fall zutrifft.

– Richtig, aber schau dir nur ´Reason To Live´ an, der ist die ganz aus der Whitesnake-Ecke. Das ist ein knallharter Rocksong, der zwar soft ist, aber es befindet sich eine gute Gitarrenarbeit und Stimme drauf. Wir haben einen Sänger der gut singen kann und deswegen haben wir uns entschieden, dieses große Potential auszunutzen  Bei uns ist es jetzt nicht mehr so, dass die Gitarristen ihre Speedsolos, der Bassist seinen Lauf und der Drummer sein Break bekommt. Wir wollen Songs schreiben, die sich nicht nur um die Härte drehen.

Ihr müsst ja auch mit diesen Songs leben. Jetzt aber ein ganz anderer Punkt. Was mich immer wundert ist die Tatsache, dass ihr in der Schweiz Airplay in den Radios und im Fernsehen bekommt. Hier in Deutschland sieht dies aber eher mager aus.

– Ich denke das liegt daran, dass das Radio, ebenso wie das Fernsehen, immer was neu entdecken wollen. Sie wollen sich immer mit den Lorbeeren schmücken, dass sie die Band entdeckt haben. Das ist aber bei den Journalisten ebenso. Bei vielen Radios ist es so, dass die Redakteure überhaupt keine Ahnung von Musik haben. Die Redakteure die auch auf Musik der 70iger Jahre stehen spielen die Songs schon. Genau diese wissen die Qualität auch zu schätzen. Welche Radiosprecher oder auch ein Mann in der Plattenfirma hat schon Ahnung von Musik. Nimm nur Mike Möller vom Break Out, der kennt einfach alles. Jetzt nicht, weil er Musiker ist, nein er ist Musikfan. Wir haben zum Glück mit Rolf Schlupp jemanden in der Plattenfirma, der früher selbst Musiker war. Die beiden haben sich vor kurzem bei unseren Shows in Japan getroffen und sie haben sich von Anfang an verstanden. Die Beiden haben sich so gefreut, dass sie sich endlich mal intensiv über Musik unterhalten konnten. Es ist nicht leicht für jemanden, der in den Medien arbeitet, aber gewisse Roots sollte man schon kennen.

Ich persönlich höre mir auch sehr viel an und bin für vieles offen, wenn es nur gute Songs sind. Man nehme nur die Bee Gees, die in den 40 Jahren ihrer Karriere immer modern geblieben sind. 

– Das ist richtig. Das war früher auch mit Queen so gewesen. Sie waren manches Mal auch sehr kompliziert, aber es gab eben diese Hits, die um die Welt gingen. Genau dies ist der Status, den wir erreichen wollen. Wichtig ist für uns, dass die Qualität stimmt. Ich persönlich mag Seal, weil er so speziell singt und Lenny Kravitz sehr gerne. Obwohl Kravitz schon wieder in die härtere Ecke geht. Man muss eben offen sein für andere Sachen, denn dann kann man sich selber auch weiter entwickeln.

Ihr habt ja jetzt die Deutschlandtour fast beendet und geht im Anschluss daran in der Schweiz auf Tour. Was liegt denn danach für euch an?

– Nach der Tour in der Schweiz werden wir das Video für den Song ´Heaven´ drehen. Dies ist der erste Hit den wir haben und deshalb wollen wir dieses Video unbedingt machen. Danach werden wir uns auf die Open-Airs vorbereiten, die im Moment gebucht werden. Vielleicht steht auch noch ein Konzert, unser erstes, in China an. Aber dort muss erst gecheckt werden, ob es sich lohnt. Man kann dort, wegen des Verdienstes, nur sehr wenig Geld für den Eintritt verlangen, aber dafür kommen denn auch einige Tausend Leute. Wir werden sehr wahrscheinlich einen Gig als Support für das Open-Air von Bon Jovi in Zürich spielen und danach wollen wir im Herbst noch einmal für eine zweite Tour zurückkommen. In Japan soll es auch noch eine Tour geben. Das ist eigentlich der grobe Plan für die nächste Zeit.

Viel haben sich GOTTHARD vorgenommen. Eines kann ich euch aber schon bestätigen, dass die Tour im Herbst schon sicher ist. Ich persönlich freue mich schon riesig auf die Herbsttour, denn wieder 2 Jahre auf eine der besten Band verzichten zu müssen, fällt unheimlich schwer.

www.gotthard.com

Story: Gisela

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.